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24.10. Tom Ludwig

So viel sündige ich doch gar nicht.

Liebe WhatsApp-Gemeinde, vor einiger Zeit redeten wir in der Gemeinde über das Abendmahl und seiner Bedeutung und wie oft man eigentlich im Gottesdienst Abendmahl feiern sollte. Da meinte eine ältere Dame: „Einmal im Monat reicht aus, denn so viel sündige ich doch gar nicht.“ Ich kannte diese Frau nur flüchtig und ich wusste nicht, welche Probleme und welche Schwachpunkte sie hatte, aber ich musste noch lange darüber nachdenken und habe mich gefragt: Wie viel sündige ich denn eigentlich?

Was ist Sünde? Da kann man lange darüber nachdenken und ausführlich diskutieren und theologische Abhandlungen darüber führen. Das möchte ich hier nicht. Viele verstehen sündigen als Gebote brechen, also wenn ich zum Beispiel etwas gestohlen habe oder Unwahrheiten über andere verbreite oder die Ehe breche (übrigens auch schon in Gedanken, so drückt es Jesus in der Bergpredigt aus) oder wenn ich sonntags zu viel arbeite und nicht in den Gottesdienst gehe usw. Ist das Sündigen?

Wenn ich von Jesus her denke, dann fällt mir das wichtigste Gebot ein: Wir sollen Gott und unseren Mitmenschen lieben wie uns selbst. Das würde bedeuten, dass die eigentliche Sünde die Lieblosigkeit ist, gegenüber Gott und gegenüber meinen Mitmenschen und gegenüber mir selbst. Und wenn wir da ganz ehrlich mit uns sind, müssen wir wohl feststellen, dass wir ziemlich häufig sündigen, oder? Lieblosigkeit ist ja nicht nur das, was ich tue, sondern auch das, was ich nicht tue, ist nicht nur das, was ich sage, sondern auch das, was ich nicht sage. Und Lieblosigkeit fängt schon in Gedanken an. Müssten wir da nicht jeden Tag Abendmahl feiern und uns vergeben lassen? Um diese Lieblosigkeit geht es auch im folgenden Gleichnis (Mt 18,23-34):

Mit Gottes himmlischem Reich ist es wie mit einem König, der mit seinen Verwaltern abrechnen wollte. Als Erstes wurde ein Mann vor den König gebracht, der ihm einen Millionenbetrag schuldete. Aber er konnte diese Schuld nicht bezahlen. Deshalb wollte der König ihn, seine Frau, seine Kinder und seinen gesamten Besitz verkaufen lassen, um wenigstens einen Teil seines Geldes zurückzubekommen. Doch der Mann fiel vor dem König nieder und flehte ihn an: ›Herr, hab noch etwas Geduld! Ich will ja alles bezahlen.‹ Da hatte der König Mitleid. Er gab ihn frei und erließ ihm seine Schulden. Kaum war der Mann frei, da traf er einen anderen Verwalter, der ihm einen vergleichsweise kleinen Betrag schuldete. Er packte ihn, würgte ihn und schrie: ›Bezahl jetzt endlich deine Schulden!‹ Da fiel der andere vor ihm nieder und bettelte: ›Hab noch etwas Geduld! Ich will ja alles bezahlen.‹ Aber der Verwalter wollte nichts davon wissen und ließ ihn ins Gefängnis werfen. Er sollte erst dann wieder freigelassen werden, wenn er alles bezahlt hätte. Als nun die anderen Verwalter sahen, was sich da ereignet hatte, waren sie empört. Sie gingen zu ihrem Herrn und berichteten ihm alles. Da ließ der König den Verwalter zu sich kommen und sagte: ›Was bist du doch für ein boshafter Mensch! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich darum gebeten hast. Hättest du da nicht auch mit meinem anderen Verwalter Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir?‹ Zornig übergab der Herr ihn den Folterknechten. Sie sollten ihn erst dann wieder freilassen, wenn er alle seine Schulden zurückgezahlt hätte.

Wenn wir begreifen, wie gnädig und barmherzig Gott mit uns umgeht, dann können wir nicht anders, dann werden auch wir gnädig und barmherzig miteinander umgehen. Und immer, wenn uns das nicht gelingt, dann sündigen wir und brauchen Gottes Vergebung.

Du hast Erbarmen (Text + Melodie: Albert Frey)