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15.03. Tom Ludwig

Du Narr!

Liebe WhatsApp-Gemeinde, wann wart ihr das letzte Mal so richtig ärgerlich auf jemanden? Und sind da auch böse Worte gefallen? Du Dummkopf! Du Nichtsnutz! Du Idiot! Du Narr! Oder sagt ihr so etwas nicht? Habt ihr euch immer im Griff? Und wenn doch mal solche oder ähnliche Worte fallen, ist das so schlimm? Vielleicht hat er oder sie es ja verdient. Und wenn nicht kann man sich ja hinterher auch entschuldigen und alles ist wieder vergessen. Oder? Jesus äußert sich in der sogenannten Bergpredigt zu diesem Thema mit Worten, die mich schon ziemlich lange beschäftigen und über die ich immer wieder nachdenke. In Matthäus 5,21-22 heißt es:

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: „Du sollst nicht töten“; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder (oder seiner Schwester) zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder (oder seiner Schwester) sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig.

Ich habe mich immer gefragt, warum Jesus hier so harte Worte wählt. Ist das denn so schlimm, jemanden mal so etwas ranzuknallen? Manchmal ärgert man sich eben und da muss man sich mal Luft machen. Ist das denn genau so schlimm oder sogar schlimmer, als jemanden umzubringen? So klingt es auf den ersten Blick. Aber wenn man genauer hinsieht und auch ein paar Hintergründe bedenkt, dann kann man erkennen, was hier Jesus wirklich meint.

Das Schlimmste, was man tun kann, ist zu seinem Bruder bzw. seiner Schwester zu sagen: Du Narr! Denn dafür muss man sich nicht nur vor Gericht oder vorm höchsten jüdischen Gericht verantworten, sondern dafür kommt man ins höllische Feuer. So sagt es Jesus. Also wenn ich ehrlich bin, mir würden schlimmere Schimpfwörter einfallen als Narr. (Ich werde aber keine aufzählen 😉). Aber wenn man die jüdischen Hintergründe kennt, versteht man viel besser, warum Jesus hier so hart ist. Als Narren wurden damals Menschen bezeichnet, die unverständig und ungläubig waren. Jesus weist also durch seine Worte sehr deutlich darauf hin, dass niemand das Recht hat, seinen Bruder (bzw. seine Schwester) im Glauben als ungläubig zu bezeichnen. Es geht also nicht darum, irgendjemanden als Narren zu beschimpfen. Das ist sicher auch nicht nett, aber das ist hier nicht das Thema. Sondern es geht darum, seinen Glaubensgeschwistern den Glauben abzusprechen. Dagegen wendet sich Jesus hier.

Und ich finde, das ist immer noch hochaktuell. Ich denke da an manch heiß geführte Diskussionen unter Christen: Ist die Bibel wortwörtlich zu verstehen oder im übertragenen Sinn, zeitlich und geschichtlich? Hat Gott die Welt in 7 Tagen erschaffen oder in Millionen von Jahren, wie es die Wissenschaft lehrt? Soll man nur Erwachsene taufen, die sich selbst dafür entscheiden können, oder ist die Babytaufe im Sinne Gottes? Ist Homosexualität Sünde? Was ist das richtige Abendmahlsverständnis? Braucht man ein bestimmtes Bekehrungsritual, um Christ zu sein, oder kann man auch in den Glauben hineinwachsen? Muss man als Christ an die Dreieinigkeit Gottes glauben? Glauben Juden und Muslime an den gleichen Gott wie wir Christen und dürfen wir mit ihnen zusammen beten? Und das sind nur einige Streitthemen. Ich könnte noch viel mehr aufzählen. Dürfen Christen sich über solche Dinge streiten?

Nach meiner Meinung ganz eindeutig: JA. Wir dürfen uns streiten und diskutieren und unterschiedliche Meinungen haben. Das ist sogar gut, denn dadurch bereichern wir uns gegenseitig und können immer wieder dazulernen und uns auch selbst hinterfragen und unseren Standpunkt revidieren. Aber eins dürfen wir nicht: Wir dürfen uns nicht über den anderen erheben und ihm den Glauben absprechen, nur weil er eine andere Meinung hat! Gott will, dass wir Christen eins sind, denn dafür betet Jesus:

Ich bitte, dass sie alle eins seien. Wie du, Vater in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. (Johannes 17,21)

Das heißt eben nicht, dass wir alle die gleiche Meinung haben müssen, das wäre ja langweilig. Sondern das heißt, dass wir uns trotz unserer Unterschiedlichkeit und trotz verschiedener Standpunkte, Meinungen und Erkenntnisse mit Respekt behandeln, uns geschwisterlich lieben und uns niemals gegenseitig den Glauben absprechen sollen. Das will Gott und das wäre das allerbeste Zeugnis für uns Christen. Ich wünsch es uns von Herzen.

Wir sind das Haus des Herrn