Was macht Corona mit uns?
Liebe Leser, diese Fragen stellen zurzeit sehr viele Menschen. Was hat sich durch die Corona-Pandemie alles verändert? Haben sich die Menschen verändert? Sind wir ängstlicher geworden oder egoistischer oder gemeiner oder härter oder aufmüpfiger oder alles zusammen? Was macht Corona mit uns? Merken wir jetzt, wie hilflos wir sind oder wie anfällig oder wie abhängig? Hat sich in den letzten beiden Jahren alles verändert? Sind wir nicht mehr die Menschen, die wir einmal waren?
Ich glaube nicht. Ich bin der Überzeugung, dass wir uns durch Corona nicht verändern, sondern dass Corona nur das verstärkt, was wir eigentlich sind. Die Pandemie offenbart unsere Charakterzüge, die schon immer in uns stecken, die wir nur meistens besser verbergen können. Aber jetzt tritt das alles ans Licht und wir können es nicht mehr so gut verstecken. Ich möchte drei Grundzüge des Menschen nennen, die schon immer seit Menschen Gedenken in uns stecken, die aber jetzt in dieser Zeit ganz besonders hervortreten. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern. Es gibt immer Unterschiede, bei dem einen ist es mehr ausgeprägt und bei dem anderen weniger, aber trotzdem steckt es in jedem von uns:
- Egoismus
Einer der Grundzüge des Menschen und damit auch der Grundprobleme ist sein Egoismus. Wir alle denken doch zu einem großen Teil an uns selbst, dass es uns gutgeht, dass wir glücklich sind, dass wir genug haben usw. Mein Haus, mein Garten, meine Familie … Viele Menschen scheinen kaum über diesen Horizont hinauszukommen. Und durch Corona wird das in besonderer Weise deutlich. Die einen lassen sich impfen, damit sie selbst vor dem Virus geschützt sind und die anderen lassen sich nicht impfen, weil sie sich selbst für gesund halten und es nicht für nötig erachten. Der Krisenstab der Landeskirche hat vor kurzem ein Schreiben herausgegeben, wo unter anderem der Satz steht: „Sich impfen lassen ist ein Akt der Nächstenliebe.“ Vielleicht geht es bei der dieser ganzen Sache gar nicht um mich? Vielleicht geht es viel mehr um Rücksicht und Nächstenliebe? Paulus bringt es wunderbar auf den Punkt:
In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst (Phil 2,3)
Vielleicht lässt Gott diese Krise nur deshalb zu, um uns aufzurütteln und uns zu zeigen, dass wir mehr auf unseren Mitmenschen achtgeben und ihm mit Respekt und Nächstenliebe begegnen sollen, besonders dann, wenn er eine andere Meinung oder ein anderes Verhalten hat als ich.
2. Gerüchte, Lügen und Halbwahrheiten verbreiten
Das zweite Grundprinzip, das in uns Menschen steckt, ist, dass wir oft in der Gefahr stehen, schlecht über andere zu reden. Gerüchte verbreiten, Lügen und Halbwahrheiten weiterzuerzählen, zu lästern usw. wer kennt das nicht? Haben wir da nicht alle schon fleißig mitgemacht und vielleicht sogar Spaß dran gehabt? Es lenkt wunderbar von mir selbst ab, denn je mehr ich den anderen runtermache, desto besser scheine ich selbst dazustehen. Das stimmt zwar am Ende nicht, aber es fühlt sich erst einmal so an.
Und in der Pandemie wird diese Schwäche um so deutlicher. Wie viel wird gelästert über Politiker, Mediziner, Wissenschaftler usw. Wie viele Lügen und Halbwahrheiten werden zurzeit verbreitet. Bekanntlich ist eine halbe Wahrheit eine ganze Lüge. Da geht es um Verschwörungstheorien, dass Bill Gates uns mit der Impfung allen einen Chip einpflanzen will, um uns zu steuern oder dass Impfgegner bei Demos heimlich vom Gully aus geimpft werden sollen oder dass Corona alles nur eine Lüge ist, um heimlich unsere Demokratie in eine Diktatur umzuwandeln usw. usw.
Wir sind ein freies Land und jeder darf seine Meinung sagen. Natürlich dürfen wir auch Kritik äußern, wenn wir es für nötig erachten, aber ich möchte auf eine sehr wichtige Sache hinweisen: Bei allen Meinungsäußerungen und Kritiken, bitte bleiben wir bei der Wahrheit! Gerüchte, Lügen und Halbwahrheiten richten so viel Schaden an, den man kaum wieder reparieren kann. Deshalb lasst uns bei dem Rat der Bibel bleiben:
Legt die Lüge ab und redet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten. Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist. (Eph 4,25+29)
3. Angst
Wir alle haben Ängste, sicher in sehr unterschiedlicher Weise, aber es gibt niemanden, der vor nichts Angst hat. Und jetzt in der Coronazeit wird diese Wahrheit um so deutlicher. Die einen haben Angst vor dem Virus, die anderen vor der Impfung. Die einen haben Angst, die Sicherheit zu verlieren, die anderen die Freiheit aufzugeben. Die einen haben Angst, sich selbst anzustecken, die anderen, dass sie jemanden anstecken usw. Nächstenliebe heißt für mich, Rücksicht auf die Ängste der anderen zu nehmen, sie ernst nehmen und versuchen zu verstehen. Und Nächstenliebe heißt für mich auch, immer wieder Mut zu machen und uns zuzurufen:
Jesus sagt: In der Welt da habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. (Joh 16,33)
Unser Leben ist viel mehr als die Angst und deshalb möchte ich euch einen sehr weisen Spruch mit auf den Weg geben. Ich weiß leider nicht, von wem er ist.
Sagt unserem Gott nicht, wie groß eure Probleme sind, sondern sagt euren Problemen, wie groß unser Gott ist.
Ich wünsche euch ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest.