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31.05. Tom Ludwig

Mein Opa das bin ich.

Liebe Leser, ich kann mich an ein Lied von Truck Stop erinnern, das hieß: „Mein Opa das bin ich“. Dort wird auf lustige Weise erzählt, wie es durch verwirrende Familienverhältnisse dazu kommen kann, dass man sein eigener Opa bzw. sein eigener Enkelsohn wird. Das ist natürlich Unsinn und auch von der Band nicht wirklich ernst gemeint, aber es macht für mich eins deutlich: Man kann schnell in Rollenkonflikte kommen, weil nicht immer alles so eindeutig klar ist und weil man natürlich unterschiedliche Rollen im Leben hat. Und je schwieriger die Verhältnisse, desto schwieriger können die Rollenkonflikte sein.

Warum erzähle ich das? Gestern war Trinitatis, das Fest der Dreieinigkeit Gottes. Und der Glaube an die Dreieinigkeit löst bei vielen auch Verwirrung aus. Wie kann ein Gott drei sein? Was ist Gott denn, ist er der Vater oder der Sohn oder der Heilige Geist? Oder ist er alles gleichzeitig? Eins der Hauptkritikpunkte der anderen beiden monotheistischen Weltreligionen (Judentum und Islam) ist, dass das Christentum eigentlich nicht nur einen Gott, sondern drei Götter verehrt. Alle Versuche, das zu erklären, also dass ein Gott gleichzeitig drei ist, bleibt am Ende unbefriedigend. Es sei denn man gibt sich zufrieden mit dem Satz, den man bei allen unverständlichen theologischen Fragen bringen kann: Gottes Wege sind unergründlich. Aber es gibt eben auch viele Christen, die sich damit nicht abspeisen lassen. Und es gibt auch nicht wenige, die deshalb keine Christen sind, weil sie eben ihren Verstand nicht ausschalten wollen, um glauben zu können. Wie geht ihr damit um?

Für mich liegt die Lösung im Rollenverständnis (deshalb auch der Einstieg mit dem Lied). Wie kann jemand gleichzeitig Vater und Mutter und Bruder und Schwester und König und Hirte und Freund und Partner und Herrscher und Arzt und Lehrer usw. sein? Denn alle diese Rollen werden in der Bibel Gott zugeschrieben und noch viel mehr. Das könnte ein absoluter Rollenkonflikt werden. Ich hatte mal eine Zeit lang meine eigenen Kinder in der Schule im Unterricht. Ich war für sie gleichzeitig Lehrer und Vater. Es war nur Religion und sie hatten auch keine Prüfung bei mir, aber einfach ist das trotzdem nicht, denn zu einem Lehrer hat man ein anderes Verhältnis als zu einem Vater.

Ich finde, genau hier liegt die Stärke der Dreieinigkeit Gottes oder vielleicht sollte man besser sagen der Vielfältigkeit Gottes. Gott kann und will für jeden das sein, was er braucht. Deshalb finden wir in der Bibel auch so viele verschiedene Bilder und Vergleiche für Gott. Wir Menschen sind eben verschieden und wir sind außerdem in sehr verschiedenen Lebenssituationen. Manchmal brauchen wir einen liebenden Vater, manchmal eher eine Mutter oder einen Bruder oder einen guten Freund oder einen Beschützer oder einen Tröster usw. Ich glaube die drei Komponenten der Dreieinigkeit spiegeln die wichtigsten Eigenschaften und Rollen Gottes wider, die wir Menschen am meisten brauchen.

Gott, der Vater, der Schöpfer der Welt, der allmächtige, der über allem steht und alles in der Hand hat. Diese Souveränität und Allmacht Gottes ist sehr wichtig für unseren Glauben. Gott verliert niemals den Überblick. Er hat alles in der Hand, auch wenn es manchmal nicht so aussieht.

Aber wenn das alles wäre, dann wäre Gott oft so weit weg für uns Menschen. Wie könnte er mich verstehen mit meiner Schwachheit und Begrenztheit? Deshalb gibt es auch die menschliche Seite Gottes. Gott, der sich ganz klein macht und in diese Welt kommt, um uns nahe zu sein, um uns zu verstehen, um neben uns zu sein, auf der gleichen Stufe mit uns zu stehen. Gott, der Bruder, der Freund, der Partner.

Aber auch das wäre zu wenig bzw. zu einseitig, denn Gott ist mehr. Er will auch in uns sein, uns Kraft und Trost und Hoffnung geben. Und dazu brauchen wir eben auch den Heiligen Geist, der uns genau das gibt. Allein durch Wissen und Erfahrungen können wir nicht glauben, dazu gehört eine innere Kraft, die uns antreibt und verändert.

Vielleicht ist der Begriff „Dreieinigkeit“ auch zu klein und begrenzt gedacht, denn Gott ist mehr. Er ist der vielfältige, unbegrenzte, unendliche Gott. Daran glaube ich. Alles Reden von Gott, alle Vergleiche und alle Definitionen bleiben am Ende nur menschliche Versuche, Gott fassen und begreifen zu können, aber es wird uns niemals gelingen. Der Prophet Jesaja bringt es auf den Punkt, wenn er sagt (Jes 55,8-9):

Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.

Wie unglaublich (Text + Melodie: Danny Plett)