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19.07. Tom Ludwig

Wer hat eigentlich Achtung und Respekt verdient?

Liebe Leser, ich weiß nicht, ob ihr den Film „The Green Mile“ kennt. Ich habe ihn schon ein paar mal gesehen und ich finde ihn immer wieder beeindruckend. Der Film spielt in einem US-Amerikanischen Todestrakt, wo nur Schwerverbrecher einsitzen, die auf ihre Hinrichtung durch den elektrischen Stuhl warten. Es ist ein Wechselbad der Gefühle, grausam, bewegend, spannend und sehr tiefgründig. Eine Sache bewegt mich an diesem Film immer wieder, nämlich wie die Gefängniswärter mit den Gefangenen umgehen. Sie behandeln sie mit Achtung und Respekt. Haben Schwerverbrecher, also Mörder das verdient? Sind das denn noch Menschen? Haben sie nicht eher Verachtung statt Achtung verdient? Im Artikel eins unseres Grundgesetzes heißt es:

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

Ich glaube, viele sind im Grunde damit eigentlich gar nicht einverstanden. Im Allgemeinen ist eher die Meinung verbreitet, dass man seine Würde verspielen kann, nämlich wenn man Böses tut, jemanden umbringt oder vergewaltigt oder Kinder missbraucht oder was auch immer. Dann hat man keine Achtung und keinen Respekt mehr verdient. Aber wenn sogar unser Grundgesetz von dieser Unantastbarkeit der Würde spricht, umso mehr müssten wir Christen doch mit allen Menschen so umgehen, völlig egal, was sie getan haben. Jeder Mensch ist ein geliebtes Geschöpf Gottes und niemand hat das Recht, dieses zu verachten, selbst dann nicht, wenn er menschenverachtend gehandelt hat. Das ist meine tiefste Überzeugung und ich kann das auch mit der Bibel belegen. Hier ein paar Beispiele:

Der erste Mörder der Bibel hieß Kain und er hat seinen eigenen Bruder umgebracht. Was für eine schreckliche Tat. Doch Gott verwirft ihn nicht, er schützt ihn sogar, indem er ihm ein Schutzzeichen macht. (1. Mose 4)

Eine herausragende Persönlichkeit der Bibel war Mose. Gott hat durch ihn sein Volk aus der Sklaverei befreit und hat viele große Wunder durch ihn vollbracht. Aber auch Mose hat jemanden getötet, nämlichen einen ägyptischen Aufseher, und ihn dann heimlich verscharrt. Und trotzdem hat Gott ihn nicht verworfen, sondern so viel Gutes durch ihn getan. (2. Mose 2)

David war ein Ehebrecher und Auftragsmörder und was sagt Gott über ihn? Er war ein Mann nach dem Herzen Gottes (1.Sam 13,14), und das trotz seiner Sünden und Fehler.

Paulus war ein Pharisäer der schlimmeren Sorte. Er hat die Christen verfolgt und ins Gefängnis gebracht und er stand sogar dabei, als Stephanus, einer der ersten Christen, gesteinigt wurde.  (Apostelgeschichte 8,1) Doch Gott hat ihn berufen und ihn zu einem der wichtigsten christlichen Persönlichkeiten der Geschichte gemacht.

Und nicht zuletzt sehen wir es natürlich auch an Jesus selbst, wie er mit sogenannten „Sündern“ umgegangen ist. Er hat sie immer mit Achtung und Respekt behandelt, egal was sie getan haben.

Christen, die in Deutschland leben, haben also gleich zwei Gründe, jeden Menschen mit Achtung und Respekt zu behandeln: Erstens: weil die Bibel es uns lehrt und zweitens: weil es im Grundgesetz steht. Bitte versteht mich nicht falsch. Ich will damit nicht sagen, dass es egal ist, was wir tun. Natürlich sollen wir versuchen, ein gutes Leben zu führen, uns anständig zu verhalten, wenig Fehler zu machen, nach den Geboten zu leben usw. Das ist zweifellos erstrebenswert und gut. Aber, und das will ich gerne heute sagen, unsere Würde hängt nicht davon ab. Und das Verhalten und die Taten anderer Menschen dürfen nicht der Maßstab für uns sein, wie wir mit ihnen umgehen, denn jeder Mensch hat Achtung und Respekt verdient.

Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zuvor. (Römer 12,10)

Gott will alle (Text: Theo Lehmann / Wolfgang Tost, Melodie: Wolfgang Tost)