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15.11. Tom Ludwig

Angeklagt!

Liebe Leser, habt ihr schon einmal Erfahrungen mit der Justiz gemacht? Also einen Strafzettel oder einen Blitzer hat wohl fast jeder schon bekommen, aber wie ist das mit anderen Dingen? Habt ihr schon einmal eine Anzeige bekommen bzw. standet ihr schon einmal vor Gericht? Oder wart ihr als Zeuge oder als Zuschauer in einem Gerichtssaal? Also mir fehlt diese Erfahrung und da bin ich auch nicht böse darüber, aber natürlich habe ich schon viele Filme gesehen, wo es darum geht. Und ich stelle mir das echt schwierig vor, vor allem, wenn man wirklich schuldig ist. Natürlich kommt es da auch auf die Schwere der Schuld an. Habe ich eine Geldstrafe oder vielleicht sogar eine Gefängnisstrafe zu erwarten? Leide ich selbst unter meiner Schuld oder sehe ich nicht ein, dass ich etwas falsch gemacht habe?

Und da sind wir auch schon im ganz normalen persönlichen Leben. Wir alle machen Fehler und tun Böses, nur wird nicht alles strafrechtlich verfolgt und vieles kommt auch nicht raus. Es bleibt geheim. Gott sei Dank, denn wahrscheinlich gäbe es viel mehr Gerichtsverhandlungen, wenn immer alles, was wir sagen, denken oder tun, an die Öffentlichkeit gelangen würde. Stellt euch vor, jede Lüge, jedes böse Wort, jeder Betrug, jeder böse Wunsch, jede Beleidigung, jedes Mobbing usw. käme vor Gericht und wir würden dafür bestraft. Oder ist es vielleicht sogar so? Zumindest deutet das der Wochenspruch für diese Woche an. Dort heißt es:

Wir müssen alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi. (2.Kor 5,10a)

Der Wochenspruch klingt auf den ersten Blick vielleicht ziemlich erschreckend, aber das ist er nicht, denn der Richter ist Christus und da haben wir nichts zu befürchtet. Er begegnet uns wohlwollend, mit Liebe, barmherzig, geduldig und gnädig. Er hat kein Interesse daran, uns in die Pfanne zu hauen. Er will uns vergeben. Paulus schreibt das ein paar Verse weiter so:

Gott ist durch Christus selbst in diese Welt gekommen und hat Frieden mit ihr geschlossen, indem er den Menschen ihre Sünden nicht länger anrechnet. (2.Kor 5,19)

Was heißt das denn? Es gibt vor Christus keine Geheimnisse. Nichts bleibt im Verborgenen. Alles kommt ans Licht, unsere persönlichsten Gedanken, jedes Wort, jede Tat. Alles wird einmal aufgedeckt und wir müssen uns dafür verantworten. Vor Menschen kommt zum Glück nicht alles raus, aber vor Gott schon. Ist das gut oder schlecht? Es kommt drauf an, was wir für ein Gottesbild haben. Ist Gott für uns jemand, der alles sieht und drauf wartet, bis wir endlich wieder einen Fehler gemacht haben (Menschen sind ja manchmal so), damit er sie uns vorhalten und uns dafür bestrafen kann? Oder ist Gott für uns jemand, der uns wohlgesonnen ist, der uns versteht, uns vergibt und uns hilft, unsere Fehler wieder gut zu machen und bessere Menschen zu werden?

Vor dem Richterstuhl Christi muss niemand Angst haben, der ihm vertraut und mit seiner Gnade rechnet. Ich glaube, Angst müssen nur die Selbstgerechten und Hochmütigen haben, die glauben, dass sie keine Vergebung brauchen. Denn wie sagt es der Petrusbrief sehr treffend (Das ist mein Konfirmationsspruch und hängt bei uns im Wohnzimmer):

Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade. (1.Petrus 5,5)

Mutig komm ich vor den Thron (Text + Melodie: Rend Collective, Deutsch: Simon Gottschick)