„Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“
Liebe Leser, ich weiß nicht, ob ihr auch schon über diesen Satz von Jesus aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 10,34) gestolpert seid, aber er kann auf den ersten Blick schon sehr verstörend wirken. Ist Jesus nicht eigentlich in diese Welt gekommen, um Frieden zu bringen und uns aufzufordern, Frieden zu stiften? Der Wochenspruch für diese Woche spricht da eine deutliche Sprache. Übrigens ist das auch mein Taufspruch.
„Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.“ (Matthäus 5,9)
Und solche und ähnliche Aussprüche von und über Jesus gibt es genug in der Bibel. Jesus wird ja auch als Friedefürst bezeichnet. Die Engel in der Weihnachtsgeschichte singen vom Frieden auf Erden. Wie passt das zusammen? Ist das nicht ein Widerspruch? Kritiker führen gerne diesen Ausspruch Jesu an und meinen damit deutlich zu machen, dass das Christentum gar nicht so friedlich ist, wie man oft behauptet. Und radikale Christen missbrauchen diesen Vers, um ihre Ansichten und Verhaltensweisen zu rechtfertigen. So nach dem Motto: Der Glaube ist ein Kampf und wir müssen gegen Ungläubige oder Sünder oder Andersgläubige vorgehen.
Aber beim näheren Hinsehen merken wir, dass es darum überhaupt nicht geht. Wenn Jesus uns auffordert, dann immer zum Frieden. Der Vers aus Matthäus 10 ist keine Aufforderung, sondern eine Feststellung. Das ist ein himmelweiter Unterschied. Jesus ruft hier nicht zum Kampf auf. Er sagt nicht, dass wir das Schwert nehmen und gegen Ungläubige oder gegen wen auch immer vorgehen sollen. Nein! Jesus sagt nur, dass es so kommen wird. Es ist eine Ankündigung, dass es Unfrieden geben wird wegen des Glaubens, sogar bis in die Familien hinein. Er sagt weiter: „Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.“ (Mt 10,35+36)
Aber Jesus will das nicht. Er will Frieden und er will, dass wir uns für den Frieden einsetzen, im Großen wie im Kleinen. Aber Jesus ist eben auch realistisch und weiß, dass Frieden nicht immer möglich ist. Paulus schreibt das so: „Ist‘s möglich, soviel an euch liegt, so haltet mit allen Menschen Frieden.“ (Röm 12,18)
Und genau das ist der Punkt. Unfrieden darf niemals von uns ausgehen. Wir sollen immer auf Frieden bedacht sein und uns dafür einsetzen, dass es in unseren Familien, Gemeinden, Orten, Land und Welt friedlich zugeht. Aber natürlich haben wir das nicht in der Hand, weil zum Frieden immer mehrere dazugehören. Wenn die andere Seite keinen Frieden will, dann sind wir machtlos. Dann können wir ihnen nur Frieden wünschen und sie segnen und für sie beten.
Den Wochenspruch aus Matthäus 5 könnte man so verstehen, dass es die Voraussetzung ist, Frieden zu stiften, um ein Kind Gottes zu sein. Man könnte es aber auch umgekehrt verstehen. Frieden stiften ist ein Kennzeichen für die Kinder Gottes. Daran können wir erkannt werden, dass wir uns für Frieden in der Welt einsetzen. Und mal ehrlich, wäre das nicht das allerbeste Erkennungsmerkmal für uns Christen, wenn wir uns als Friedensstifter einen Namen machen? Wenn wir in unseren Familien und unter Kollegen und Nachbarn und im Freundeskreis und in der Stadt und im Land bekannt dafür sind, dass wir uns für Frieden einsetzen? Dass wir eben nicht mitmachen bei dem allgemeinen Gerede und Geklage und Geschimpfe über die Politiker und die Coronamaßnahmen und dass wir nicht schlecht reden hinterm Rücken über den Chef oder die Kollegen oder die Nachbarn usw.
Nein, das alles ist nicht im Sinne Jesu. Gottes Kinder sind Friedensstifter. Das ist unser Erkennungsmerkmal, sollte es zumindest sein. Und je besser uns das gelingt, desto glaubwürdiger sind wir Christen in dieser Welt. Denn wie sollen wir den Friedefürst Jesus Christus verkünden, wenn wir als seine Anhänger Unfrieden in die Welt bringen?
Ich wünsche uns allen, dass wir dem Anspruch Jesu immer mehr gerecht werden und uns immer öfter für den Frieden im Großen und Kleinen einsetzen. Wenn uns das nicht gelingt, dann können wir auf Gottes Gnade vertrauen und es immer und immer wieder versuchen. Gott helfe uns dabei.
Selig sind, die Frieden stiften, denn sie werden Gottes Kinder heißen.